Die Epilepsie ist die häufigste chronisch neurologische Erkrankung des Gehirns. Etwa einer von 111 Hunden ist davon betroffen. Es kommt hierbei zu unregelmäßigen und abnormalen Impulsen von Nervenzellen, die sich in sogenannten epileptiformen Krampfanfällen äußern. Diese Anfälle sind häufig mit Bewusstseinsverlust und Muskelkrämpfen verbunden, es kann zu unkontrollierten Bewegungen, Urin- und Kotabsatz sowie zu vermehrtem Speicheln kommen. Betroffenen Tiere können aber auch nur Muskelkontraktionen oder abnormale Bewegungen zeigen (zum Beispiel typisches Fliegen schnappen ohne vorhandene Fliegen). Die Anfallshäufigkeit und -intensität ist von der Ursache abhängig und individuell sehr verschieden.
Man unterscheidet folgende Anfallstypen:
- Fokale Anfälle: nur bestimmte Teile des Körpers sind betroffen
- Generalisierte Anfälle: der ganze Körper ist betroffen
- Clusteranfälle: mehr als ein Anfall innerhalb von 24 Std.
- Status epilepticus: Anfallsdauer länger als 5 Minuten
Der epileptiforme Anfall wird in 4 Phasen unterteilt: Die Prodromalphase beschreibt den Zeitpunkt vor dem Anfall. Hierbei kann oft schon ein verändertes Verhalten, wie zum Beispiel Unruhe, Nähe suchen usw. beobachtet werden. Mit der Aura beginnt der eigentliche Anfall. Diese Phase ist durch ein stereotypes Verhalten der Tiere geprägt, welches den kommenden Anfall ankündigt. Sichtbar können Speicheln, Schmatzen und Lecken, hin und herlaufen und anderes nicht normales Verhalten sein. Die iktale Phase beschreibt den eigentlichen Anfall. Dabei können viele und unterschiedliche Symptome auftreten. Häufig geht der Anfall mit Bewusstseinsverlust oder -trübung, Muskelkontraktionen, Kot- und Urinabsatz und anderem einher. Die postiktale Phase beschriebt den Zustand nach dem Anfall. Die Tiere sind hierbei meist noch desorientiert und können vorübergehend blind sein oder andere sensorische Einschränkungen haben. Die Dauer der einzelnen Phasen variiert sehr stark und kann von Sekunden bis wenige Minuten bis zu Stunden dauern.
Die Epilepsie kann angeboren oder erworben sein. Man unterscheidet zwei Hauptformen: die primäre und die sekundäre Epilepsie. Die primäre Epilepsie kommt am häufigsten beim Hund vor. Da die genaue Ursache bisher noch unklar ist und hierbei keine Läsionen am Gehirn feststellbar sind, spricht man auch von idiopathischer Epilepsie. Eine genetische Komponente konnte für einige Rassen nachgewiesen werden (z.B. Border Collie, Golden Retriever) und wird auch bei anderen Rassen vermutet. Bei ca. 80% der Epileptiker bleibt die Ursache jedoch unbekannt. Bei der sekundären oder auch erworbene Epilepsie sind strukturelle Veränderungen am Gehirn zu finden, welche im MRT dargestellt werden können. Sie wird daher auch als strukturelle Epilepsie bezeichnet. Von diesen beiden Formen muss die reaktive Epilepsie (metabolisch) unterschieden werden, bei der es durch organische Erkrankungen zu epileptiformen Anfällen kommt. Die Unterscheidung ist wichtig, da die Therapie gänzlich anders ist. Beispiele dafür sind Schwäche oder Ohnmacht durch Unterzuckerung (Hypoglykämie), Synkopen (Bewusstseinsverlust) durch Herz-Kreislaufprobleme und damit einhergehend eine Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff, Elektrolytimbalancen durch bestimmte Stoffwechselerkrankungen (z.B. Morbus Addison) oder auch Krampfanfälle und Schwindel durch Lebergefäßanomalien (Hepatoenzephales Syndrom).
Die richtige Diagnose ist für die Unterscheidung und auch Eingrenzung der Epilepsie sehr wichtig. Der erste Schritt zur Diagnosefindung ist neben der klinischen Vorgeschichte die allgemeine und neurologische Untersuchung. Diese dient der Lokalisation der Läsion. Anschließend werden Blutuntersuchungen und je nach Fall weitere Untersuchungen und Tests durchgeführt. Die bisherigen Anfälle sollten genau dokumentiert werden (Videos und Tagebücher sind dabei sehr hilfreich). Auch spezielle weiterführende Diagnostik, wie zum Beispiel ein MRT oder CT, die Hirnwasseruntersuchung (Liquor) oder das Messen der Hirnströme (EEG) kann notwendig sein.
Die Therapie setzt sich aus verschiedenen, ineinander übergehenden Ansätzen zusammen. Der erste Schritt bildet hierbei die medikamentöse Einstellung. Je nach Ursache, Anfallsstärke und -häufigkeit, Vorerkrankungen und anderen Komponenten werden die passenden antikonvulsiven Medikamente ausgewählt. Dabei spielen die jeweilige Dosis, Verabreichung und Kombination der Medikamente eine wichtige Rolle. Laut Studien sprechen nur etwa ein Drittel aller Epileptiker gut auf Antiepileptika an und in etwa 60 % der Fälle kann eine komplette Anfallsfreiheit nicht erreicht werden.
Als weiterer Schritt sollte daher die Fütterung überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Die Ernährung ist die zweitwichtigste Säule des Epilesiemanagements. Die Forschung bezüglich möglicher Zusätze, insbesondere spezieller Fettsäuren, hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Der Einsatz mittelkettiger Fettsäuren (MCT-Öle) hat vielversprechende Ergebnisse gebracht (Law et al., 2015; Berk et al., 2019, 2020). Allerdings sollte gerade bei Epileptikern die Gabe von Nahrungsergänzungen mit dem Tierarzt besprochen werden, um Wechselwirkungen mit Medikamenten und unerwünschte Nebenwirkungen unbedingt zu vermeiden. Auch eine Verhaltens- und Umgebungsanalyse als dritte Säule kann notwendig und hilfreich sein, wenn es trotz bisheriger Therapie zu keiner Verbesserung oder sogar einer Verschlechterung kommt.
Neben der beschriebenen klassischen Epilepsie gibt es auch Sonderformen, die diätetisch positiv beeinflusst werden können. Hierzu zählen insbesondere die Lafora-Epilepsie, die typischerweise beim Beagle, Zwergrauhaardackel und Basset vorkommt und die paroxysmale glutensensitive Dyskinesie beim Border Terrier.
Die neurodiätetische Konsultation für Hunde und Katzen mit Epilepsie ist eine Sonderform der diätetischen Beratung. Wir bieten Ihnen eine individuelle Ernährungsberatung für Hunde mit Epilepsie. Außerdem haben wir spezielle Futterergänzungen für Hunde mit Epilepsie entwickelt. Diese können im Rahmen eines neurodiätetischen Futterplans erfolgreich eingebunden werden und wurden speziell für selbst zubereitete Rationen sowie bei Fertigfuttergabe konzipiert.
5 Merksätze zum Thema „Ernährung des Hundes bei Epilepsie“.
- Bei Hunden mit Epilepsie ist eine ausgewogene und gut kontrollierte Ernährung von entscheidender Bedeutung für die Kontrolle der Erkrankung.
- Eine kohlenhydratarme Ernährung kann helfen, die Anzahl der epileptischen Anfälle zu reduzieren, da Kohlenhydrate den Blutzuckerspiegel erhöhen können.
- Eine proteinreiche Ernährung kann zur Unterstützung der Gehirnfunktion und zur Kontrolle von Anfällen beitragen.
- Es kann ratsam sein, Futterergänzungen wie MCT-Öle, Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien in die Ernährung von Hunden mit Epilepsie aufzunehmen, um das Nervensystem zu stärken und Entzündungen zu reduzieren.
- Eine enge Zusammenarbeit mit einem Tierarzt kann bei der Entwicklung einer geeigneten Ernährungsstrategie für Hunde mit Epilepsie hilfreich sein.